Mittwoch, 29.09.2021 / 14:00 Uhr

Afghanistan: Einer lügt

Von
Thomas von der Osten-Sacken
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Bildquelle: Rawa.org

 

Es sagt viel über die Zeiten, in denen man lebt, wenn ausgerechnet Kolumnen von Tucker Carlson auf Fox News auf den Punkt bringen, was zu Afghanistan gesagt werden muss. Sicher, er würde ganz anders schreiben, wäre Donald Trump noch an der Macht und auch er vergisst gerne, wer eigentlich dieses elende Doha Abkommen mit den Taliban auf den Weg gebracht hat, auf das Präsident Joe Biden sich die ganze Zeit berief.

Gestern standen die höchsten US-Militärs dem Senat Rede und Antwort, immerhin hat das ganze Desaster in den USA noch ein Nachspiel und gerät nicht, wie hierzulande schon jetzt in Vergessenheit, während weiter zehntausend so genannte Ortskräfte in Afghanistan täglich um ihr Leben fürchten müssen.

Bei dem Hearing musste sich unter anderem der US-Generalstabschef Mark Milley den Fragen der Senatoren stellen. Er habe, erklärte er, Biden immer geraten, mindestens 2.500 US-Soldaten in Afghanistan zu lassen, um einen Zusammenbruch der dortigen Regierung zu verhindern. Ähnliches sagten andere Generäle.

Nun damit lügt, wie Carlson richtig festellt, einer, denn Joe Biden hatte in einem Interview mit ABC im August auf die Frage, ob ihm dieses geraten worden sei, erklärt:

ABC: So no one told -- your military advisors did not tell you, "No, we should just keep 2,500 troops. It's been a stable situation for the last several years. We can do that. We can continue to do that"?

BIDEN: No. No one said that to me that I can recall.

In den Worten des Mannes von Fox News:

So the generals claim they told Biden the Afghanistan withdrawal would be a total disaster. Biden claims they didn’t tell him that. The question is who’s lying? Someone’s lying. Biden himself has no idea. He doesn’t know who’s lying. He doesn’t know what he had for lunch. All we know for sure — and this is the main point — is that no one in Pentagon leadership will ever be held accountable for this, the latest in a very long string of colossal screw-ups that have dramatically reduced American power and prestige and gotten a bunch of people killed. No one.

Milley verwies in dem Hearing auch noch auf einen anderen Aspekt, über den ungerne geredet wird. Das Doha Abkommen beinhaltete sieben Punkte, unter anderem eine Verhandlungslösung mit der afghanischen Regierung. An alle haben die Taliban sich nicht gehalten bis auf einen: Sie griffen in der Tat keine US-Truppen mehr an. Braucht es weitere Beweise, dass sie sich nicht an Abkommen gebunden fühlen? Sie zeigen es jeden Tag: Ob der oberste Sittenwächter von ihnen die Einführung drakonischer schariakonformer Strafen ankündigt oder der neue Rektor der Universität Kabul Frauen die Teilnahme verweigert, sie ziehen ihr Programm durch und scheren sich wenig um das ganze Gerede von Moderation.

All dies hätte vermutlich verhindert werden können, wären 2500 US-Soldaten Soldaten in Afghanistan geblieben.

In den Worten von Carlson, besser lässt es sich kaum sagen: „One of the worst stories of our time, and there are a lot of bad stories.“