Der australische Afghanistan-Veteran Ben Roberts-Smith darf als Mörder bezeichnet werden

Morden mit Orden

Ein Richter hat nun bestätigt, was Medien bereits 2018 berichtet hatten: Der australische Soldat Ben Roberts-Smith war in Afghanistan an Morden und Kriegsverbrechen beteiligt.
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Lange gefeierter Held, nun Mörder: der ehemalige australische Elitesoldat Ben Roberts-Smith. Er hatte die höchste militärische Auszeichnung des Landes bekommen, war 2006 für seine Taten in Afghanistan mit der Tapferkeitsmedaille und 2012 für seine herausragenden Führungsqualitäten in mehr als 50 risikoreichen Einsätzen für besondere Verdienste aus­gezeichnet worden.

2018 allerdings veröffentlichten die Zeitungen The Age, The Sydney Morning Herald und The Canberra Times eine Reihe von Artikeln, in denen ihm die Beteiligung an sechs Morden und anderen Verbrechen vorgeworfen wurde; der Patrouillenführer des Special Air Service Regiments (SASR) wurde als Kriegsverbrecher bezeichnet. Er verklagte die drei Zeitungen daraufhin wegen Verleumdung. Deren Verteidigung im Prozess lautete, dass ihre Berichterstattung den Tatsachen entspreche. Über 100 Verhandlungstage später hat ein Gericht nun entschieden, dass zumindest einige der Vorwürfe »im Wesentlichen wahr« sind.

Roberts-Smith soll 2012 einen Gefangenen in Handschellen über eine Klippe gestoßen und anderen Soldaten befohlen haben, ihn zu erschießen. 2009 habe er einen Mann mit einer Beinprothese weggetragen und mit einem Maschinengewehr erschossen.

Richter Anthony Besanko entschied, dass die Zeitungen den Wahrheitsbeweis auf der »Grundlage einer Abwägung der Wahrscheinlichkeiten« erbracht hätten, was in australischen Zivilprozessen möglich ist, und dass Roberts-Smith für mehrere Morde verantwortlich sei.

Roberts-Smith habe demnach 2012 im Gebiet des Dorfes Darwan einen Gefangenen in Handschellen über eine Klippe gestoßen und anderen Soldaten befohlen, ihn zu erschießen. 2009 habe er einen Mann mit einer Beinprothese weggetragen und mit einem Maschinengewehr erschossen. Das sei bei einem von australischen Soldaten als Whiskey 108 bezeichneten Taliban-Waffenlager im Dorf Kakarak geschehen, das zur südafghanischen Provinz Uruzgan gehört. Die Prothese soll von einem anderen Soldaten als Kriegstrophäe und Trinkgefäß für Militärfeiern mitgenommen worden sein. Des Weiteren habe Roberts-Smith einem Soldaten angeordnet, einen unbewaffneten älteren Mann zu exekutieren; das sollte als blooding (»Aderlass«) bezeichneter Initiationsritus für den jungen Rekruten dienen.

Die Vorwürfe gegen Roberts-Smith hängen auch mit dem sogenannten Brereton-Report von 2020 zusammen, der Kriegsverbrechen australischer Eliteeinheiten in Afghanistan zutage gebracht hatte. In dem Bericht war auch von einer »Krieger«- und »Schweigekultur« die Rede gewesen.