Akzelerationismus: Die gesammelten Essays von Nick Land erscheinen erstmals auf Deutsch

Okkulte Beschleunigung

Nick Land wird noch immer als genialer Untergangsbeschwörer in der Nachfolge von Nietzsche, Bataille und Deleuze verehrt. Unter dem Titel »Okkultes Denken« sind nun seine gesammelten Essays erstmals auf Deutsch erschienen – samt einem begleitenden Essay der Herausgeber Dietmar Dath und Philipp Theisohn. Leider liebäugeln die beiden mit dem düsteren Antiliberalismus des rechten Philosophen, statt den Unsinn seines Denkens aufzuzeigen.

Speedige Anfänge
Nick Lands Karriere begann im England des Post-Thatcherismus der neunziger Jahre, als das no future des Punk auch schon alt war und alles hoffnungslos schien. Als Dozent an der University of Warwick wurde er gemeinsam mit Sadie Plant und später Mark Fisher zur zentralen Figur einer Gruppe von Intellektuellen, die sich CCRU (Cybernetic Culture Research Unit) nannte und sich ob ihrer experimentellen Radikalität schnell einen Namen machte. Programm war es, abstrakte Theoriearbeit sowohl metaphorisch als auch wörtlich auf Speed zu setzen und im Kontext einer eklektischen »Theory Fiction« mit Popkultur, Literatur und Okkultismus anzureichern und weiterzutreiben. Zu den vielen Einflüssen, die dabei wild amalgamiert wurden, zählen beispielsweise die Cyberpunk-Romane von William Gibson und die hermetischen Dystopien von J. G. Ballard, aber auch Filme wie »Blade Runner« oder »Terminator« sowie die Kybernetik, die Theorie der Selbstregulierung von technischen wie natürlichen Systemen. Hinzu kommt der atmosphärisch besonders wichtige Kontext der »kollektiven pharmako-techno-sensorischen Experimente der Rave- und Drogenkultur sowie der gleichzeitigen Infiltration des Privaten durch neue Medientechnologien (Video, Videospiele, Computer)«, wie Armen Avanessian und Robin Mackay in dem Merve-Bändchen mit dem Titel »#Akzeleration#2« (2014) festhalten.

Die CCRU gilt als Impulsgeberin für das Theoriekonzept des Akzelerationismus, das später, in den zehner Jahren, einen kurzen Hype erfahren sollte. Im »Manifest für eine akzelerationistische Politik« (2013) plädieren Nick Srnicek und Alex Williams für eine Linke, »die sich in einer Moderne der Abstraktion, Komplexität, Globalität und Technologie zu Hause fühlt«. Diese vage gehaltene Fortschritts- und Technikaffirmation wird einem visionslos-melancholischen Kult um Entschleunigung entgegengesetzt, den Williams und Srnicek bei einem großen Teil der Linken diagnostizieren.

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