Schneewittchen, Terry Hall und Celine Song

Magische Wesen, wohin man schaut

Popkolumne. Schneewittchen bekommt sieben magische Helferlein – und auch sonst bleibt nichts, wie es mal war.
Die Summens Von

»Ich hoffe, jedes Kind weiß, dass es eine Prinzessin sein kann«, twitterte die US-amerikanische Schauspielerin Rachel Zegler als Reaktion auf einen Shitstorm. Hatte sie es doch gewagt, trotz ihres kolumbianischen Migrationshintergrundes die Rolle der schönen Königstochter in der Disney-Neuverfilmung von »Schneewittchen« anzunehmen.

Alles ändert sich und aus Schneewittchens sieben Zwergen – die Typen mit dem Ordnungsfimmel – werden »sieben magische Kreaturen«. Bleibt zu hoffen, dass sich die Neuen die lästigen Haushaltsarbeiten in der Waldkommune auch teilen, wie’s sich gehört.

Auch das gute alte CD-Boxset erlebte dieser Tage ein überraschendes Revival. Gerade erschien das 5-CD-Set »The Complete« (plus DVD) von Fun Boy Three, das Terry Hall 1981 kurz vor der ersten Auflösung seiner Band The Specials gründete und nach nur zwei Alben wieder beendigte. Der Einstieg in dieses aufregende Funky-Pop-Wonderland lohnt sich! Die Highlights des preisgünstigen Sets lassen sich zwar auch ganz umsonst im Internet finden, aber junge Hörer:innen haben nun die Chance, sich 40 Jahre später in diese tolle Band zu verlieben! Sänger Terry Hall starb leider viel zu früh im Dezember 2022. Aber für die Liebe ist es bekanntlich nie zu spät.

Für die Liebe ist es bekanntlich nie zu spät.

Um die Liebe vergangener Tage dreht sich auch einer der berührendsten Filme des Jahres. Die koreanisch-kanadische Regisseurin Celine Song erzählt in ihrem bittersüßen Debütfilm »Past Lives« von Schicksal und Selbstbestimmung. In-Yun bezeichnet im Koreanischen die Begegnung mit einem Menschen, den man bereits in früheren Leben kannte.

Der Junge Hae Sung und das Mädchen Na Young scheinen diese magische Verbindung zu haben. Wenn sie erwachsen sind, wollen sie heiraten. Aber ihre Wege trennen sich, als Na Youngs Eltern nach Toronto ziehen. Das ehrgeizige Mädchen lernt fleißig Englisch und heißt künftig Nora.

Zwölf Jahre später finden sich die beiden über Facebook wieder und die Vertrautheit beim Skypen zwischen Seoul und New York ist sofort wieder da. Nora beendet irgendwann diese innigen Gespräche, die keine Zukunft haben. Kurz darauf lernt sie ihren künftigen Ehemann Arthur kennen. Wiederum zwölf Jahre später besucht Hae Sung Nora. Virtuos erzählt Song von einer Frau, die zwei Männer liebt, vom Einfluss der Migration auf die Persönlichkeit und vom Sog der Vergangenheit und den Möglichkeiten der Gegenwart.

Womit wir fast schon wieder bei Rachel Zegler und der Botschaft märchenhafter Prinzessinnen sind.


Fun Boy Three