Im Fußballsport gibt es viel Solidarität mit Israel – mit einigen Ausnahmen

Der Terror und der Fußball

Europäische Fußballvereine und -funktionäre zeigen sich solidarisch mit den Opfern des Hamas-Terrors, aber nicht alle Fans und Spieler.

Auf der Instagram-Seite von Hapoel Tel Aviv sind sie zu sehen: Fans, viele von ihnen Soldaten der Israel Defense Force, ermordet von den Terrorbanden der Hamas und ihren Verbündeten, die Israel am 7. Oktober überfallen haben. Daneben stehen Fotos von Beerdigungen. Auch ein Bild von Alon Shamli ist dabei: Der Jugendtrainer von Hapoel war vorvergangenen Samstag bei einem Terroranschlag in Ägypten ermordet worden, als ein bewaffneter Polizist gezielt israelische Touristen angriff.

Auf einem weiteren Bild ist ein junger Mann im Trikot von Hapoel Tel Aviv zu sehen: Lior Assulin spielte vor 15 Jahren als Stürmer für den Verein. Er war auf der Trance-Party in Re’im. Der in der Nähe des Gaza-Streifens gelegene Ort war am ersten Tag des Überfalls angegriffen worden. Die Schlächter kamen mit Gleitschirmen aus der Luft und hatten mit Lastkraftwagen den Grenzzaun durchbrochen. 260 Besucher der Party wurden ermordet. Lior Assulin war einer von ihnen. Wie viele andere galt auch er zunächst als vermisst. Am Sonntag bestätigte Hapoel Tel Aviv seinen Tod.

Als Schergen des Mullah-Regimes im Stadion des iranischen Vereins FC Persepolis den Hamas-Terror in Israel bejubelten und demonstrativ palästinensische Fahnen schwenkten, riefen die Fans: »Nehmt die palästinensische Flagge und schiebt sie euch in den Arsch!«.

Als Stürmer für Hapoel Tel Aviv zu spielen, war neben dem Pokalgewinn 2004 mit Ichud Bnei Sachnin der Höhepunkt der Karriere Lior Assulins. Dass der Verein ihn nicht vergessen hat, sondern auf seiner Website ehrt, mag an der Geschichte des Clubs liegen, in der Solidarität eine große Rolle spielt: Hapoel heißt »Die Arbeiter« auf Hebräisch. Der Verein wurde 1923 zum ersten Mal gegründet, er war lange Zeit im Besitz des Zusammenschlusses der israelischen Gewerkschaften. Doch Hapoel ist nicht nur links, die »Roten Teufel« sind auch erfolgreich: 13 Meisterschaften und 16 Landespokale hat der Verein gewonnen und kam in der Saison 2010/2011 in die Gruppenphase der Champions League.

Lior Assulin konnte sich da intern nicht durchsetzen. Nach nur einem Jahr wurde er an den zypriotischen Verein Apollon Limassol ausgeliehen. Zurück in Israel stieg er mit Hapoel Ramat Gan in die erste Liga auf. Er wechselte oft den Verein, blieb nirgendwo länger als ein Jahr. 2017 beendete er seine Profikarriere. Danach wurde sein Leben kompliziert: 2021 wurde er von einem Gericht wegen Drogenhandels zu 21 Monaten Gefängnis verurteilt, allerdings wegen guter Führung bald wieder entlassen. Sein Leben hätte alle Elemente eines Dramas, schrieb die israelische Nachrichten-Website Ynet treffend. Nach seiner Haft arbeitete er in einem Hotel in Herzliya, einem Vorort von Tel Aviv. Am 7. Oktober war Lior Assulin dann auf dem Festival in Re’im, um seinen 43. Geburtstag zu feiern. Er wurde von den Hamas-Terroristen emordet.

In Deutschland nahm der FC Bayern München – wie viele andere Vereine auch – einem Tag nach Beginn der Angriffe auf Israel klar Stellung: »Es gibt keine Rechtfertigung für die Tötung und die brutale Gewalt gegen die zivile Bevölkerung. Wir sorgen uns um unsere Freunde in Israel und hoffen auf ein friedvolles Zusammenleben aller Menschen im Mittleren Osten.« Der Verein hat in den vergangenen Jahren die Erinnerung an seinen jüdischen Präsidenten Kurt Landauer gepflegt und engagiert sich gegen Antisemitismus.

Bayern hat mit dem Torwart Daniel Peretz einen Spieler aus Israel unter Vertrag. Peretz wechselte im Sommer von Makkabi Tel Aviv nach München. Von den Angriffen der Terroristen auf sein Land zeigte er sich erschüttert. Auf Instagram postete er eine Erklärung gegen die Mörderbande, die mit »I stand with Israel« unterzeichnet ist. In einem weiteren Beitrag teilt er ein Video, das die Angriffe auf Israel zeigt – die bewaffneten Terroristen und verzweifelte Geiseln – und die Taten auf eine Stufe mit dem 11. September und den ­islamistischen Morden in Paris setzt. Es endet mit seinem Aufruf an alle Sportler und Vereine zusammenzustehen und der Bitte an die Fans, zu spenden und das Video zu teilen.

Das Video bekam über 23 000 Likes, aber Peretz’ marokkanischer Mitspieler Noussair Mazraoui dürfte kaum unter seinen Unterstützern sein. Der postete nämlich Fotos mit der palästinensischen Fahne und ­einen bedrohlich wirkenden Koranvers: »Und denke nicht, Allah sei dem gegenüber achtlos, was diejenigen tun, die Unrecht begehen. Er hält sie nur bis zu dem Tag zurück, an dem die Augen in Horror erstarren werden.« Das Posting hatte er am Sonntag bereits wieder gelöscht.

Am kommenden Wochenende plant die deutsche Fußballliga eine gemeinsame Solidaritätsaktion für Israel. Ob sich Mazraoui an ihr beteiligt, wird man sehen – der rheinland-pfälzische CDU-Bundestagsabgeordnete Johannes Steiniger forderte den FC Bayern München in einem Statement auf der Plattform X (vormals Twitter) dazu auf, Mazraoui »sofort« zu entlassen, »zudem sollten alle staatlichen Möglichkeiten genutzt werden, ihn aus Deutschland zu verweisen«.

Der TuS Makkabi, der jüdische Verein aus Berlin, der es als erster Makkabi-Club in die 1. Runde des DFB-Pokals schaffte, wird wie andere Makkabi-Clubs in den jeweiligen Ligen erst einmal weiterspielen. Am Wochenende des Anschlags hatte Makkabi Berlin sämtliche Partien aller Mannschaften des Vereins abgesagt und bekam dafür bei den generischen Vereinen und von den zuständigen Verbänden Verständnis. Der Vorstand sagte in einer auf der Seite des Berliner Fußball-Verbandes (BFV) veröffentlichten Erklärung: »Alle unsere Herrenmannschaften haben die Absicht, zu ihren jeweiligen Spielen am Wochenende anzutreten.« Der Verein stünde »im ständigen Austausch mit den zuständigen Sicherheitsbehörden und dem BFV«, man vertraue »auf die Vorkehrungen, die für die bevorstehenden Begegnungen getroffen werden«. Allerdings wurden die Spiele der Jugendmannschaft bis auf Weiteres ausgesetzt.

Der Verband wiederum verurteilte die Terrorangriffe auf Israel und stellte sich hinter Makkabi. »Wir gehen mit der aktuellen Situation höchst sensibel um und stehen mit dem TuS Makkabi Berlin, den jewei­ligen gegnerischen Vereinen sowie den Sicherheitsbehörden im direkten Kontakt«, sagte BFV-Präsidialmitglied Spielbetrieb Joachim Gaertner. Es sei für den Berliner Fußballverband substantiell, »allen unseren Mitgliedsvereinen eine Teilnahme am Spielbetrieb zu ermöglichen, ohne dass dabei Sicherheitsbedenken aufkommen«.

Dass sich der jüdische Sportverband Makkabi mit Israel solidarisiert, ist eine Selbstverständlichkeit. Auf seiner Website veröffentliche er eine Erklärung, in der es heißt: »Wir sind in Gedanken bei unseren israelischen Freundinnen & Freunden. Dieser Terror muss endlich aufhören!« Makkabi Deutschland solidarisiere sich »bedingungslos mit Israel & den israelischen Streitkräften. Israel darf & muss sich verteidigen! Am Israel Chai!«

In einem, Interview mit der FAZ hatte der Vorsitzende von Makkabi-Deutschland, Alon Meyer, gesagt, dass es »stets der Einschätzung der aktuellen Situation« bedürfe »und auf welchen Gegner man trifft. Es gibt viele national oder religiös geprägte Vereine.« Natürlich sei es so, »dass, wenn ich auf Vereine mit vorwiegend Spielern muslimisch-arabischen Hintergrunds treffe, die Gefahren­situation eine andere ist, als wenn es Spieler sind mit zumeist europäisch-christlichem Hintergrund«. Wenn sich jemand in solch einer Situation wie nach dem Terroranschlag der Hamas oder auch generell mit diesen Taten oder Terrororganisationen ­solidarisiere, müsse er sich die Frage stellen, ob er hier in Deutschland überhaupt richtig sei.

Vor dem Länderspiel USA gegen Deutschland am Samstag gab es eine Schweigeminute für die Terroropfer. Wegen der Länderspielpause konnte es in den Bundesligastadien bislang keine Reaktionen auf die Massaker in Israel geben. Egal wie sie ausgefallen wäre, sie hätte nicht an die der Fans des iranischen Rekordmeisters FC Persepolis heranreichen können. Als Schergen des Mullah-Regimes im Stadion den Hamas-Terror in Israel bejubelten und palästinensische Fahnen schwenkten, riefen die: »Nehmt die palästinensische Flagge und schiebt sie euch in den Arsch!«. In einem Land, in dem Oppositionelle eingekerkert, ermordet und hingerichtet werden, ist das eine Form der Israel-Solidarität, für die es einigen Mut braucht.

Solidarität mit den Opfern palästinensischer Terroristen ist nicht für alle Fußballfans selbstverständlich: Die Ultra-Gruppe »Grüne Brigade« von Celtic Glasgow rief dazu auf, beim Champions League Spiel gegen Real Madrid am 25. Oktober im Stadion Palästina-Fahnen zu schwenken. Es gehe darum, »der Welt zu zeigen, dass der Club auf der Seite der Unterdrückten und nicht des Unterdrückers steht«.