Der britische Rechtspopulist Nigel Farage tritt im Trash-Fernsehen auf

Trash-Star mit Euterpizza

Der britische Rechtspopulist Nigel Farage tritt in der Sendung auf, die dem deutschen »Dschungelcamp« als Vorlage diente, und erhält eine Rekordprämie dafür.

Während europaweit rechte Parteien auf dem Vormarsch sind, sitzt einer der bekanntesten Rechtspopulisten Großbritanniens im Dschungelcamp. Für seine Teilnahme an »I’m a Celebrity … Get Me Out of Here« erhielt Nigel Farage 1,5 Millionen Pfund, umgerechnet 1,72 Millionen Euro – und damit die höchste in der 22jährigen Geschichte des Sendeformats ausgezahlte Summe. Farage, einer der bekanntesten und vor allem umstrittensten Politiker des Landes, hatte in einem Werbespot vor dem Start der Show gewohnt populistisch-platt verkündet, er habe »mit Schlangen im europäischen Parlament zu tun gehabt« und sei »daher ganz sicher«, dass er auch im Dschungelcamp klarkommen werde.

Farage, langjähriger Vorsitzender der Anti-EU-Partei United Kingdom Independence Party (UKIP) und nach seinem Austritt Ende 2018 Mitgründer der Brexit Party, war als populistischer Lautsprecher maßgeblich für den unerwarteten Erfolg bei der Volksabstimmung über den EU-Austritt Großbritanniens im Juni 2016 verantwortlich. Er wurde von seinen Dschungelcamp-Mitinsassen wiederholt an seine damaligen Versprechungen erinnert und erwies sich als weitgehend argumentlos. Als ihm der maître d’hôtel und Reality-TV-Moderator Fred Sirieix vorwarf, dass der »Brexit« die britische Wirtschaft zerstört und alles vermasselt habe, antwortete Farage, das sei »absoluter Quatsch«. Viel wichtiger sei doch, dass »wir es nun selbst vermasseln können, wenn wir das wollen«, sagte er, und das sei doch »eine Befreiung«.

Ansonsten zeigte er sich im Dschungel als durchaus eifriger Trash-Star: Er badete zweimal nackt, aß mit Kuheuter belegte Pizza und erklärte, dass er sich durchaus vorstellen könne, eines Tages Premierminister zu werden. Doch erfüllte er die Hoffnungen des Senders ITV auf Zuschauerrekorde und tagelange Schlagzeilen nicht. Das lag zum einen an der großen Weltpolitik – einige der von der Hamas entführten Israelis sind zugleich britische Staatsbürger – und zum anderen an einem neuen Buch über Prinz Harry und Meghan Markle, in dem zur Freude des Boulevards die immer gleichen Vorwürfe gegen das britische Königshaus erneut aufgewärmt wurden. Und, vielleicht, auch daran, dass remainers, also diejenigen Briten, die für einen Verbleib des Landes in der EU eingetreten waren, dazu aufriefen, die Sendung nicht einzuschalten.

Farages Gegner lästern in den sozialen Medien, dass er wohl in Geldnöten sei, schließlich könne Wladimir Putin aufgrund der Sanktionen nichts mehr zahlen.

Im in erster Linie online erscheinenden Monatsmagazin Byline Times schrieb Otto English allerdings, dass »I’m a Celebrity … » gezeigt habe, »dass Farage das Schlimmste von allen Dingen ist – langweilig – und ›langweilig‹ macht kein gutes Fernsehen aus«. Statt eines »mächtigen Wizard of Brexit« sehe das Publikum bloß einen eher »sanftmütigen mittelalten Mann, der sich Sorgen um die Form seines Hinterns« mache. Im Gegensatz zu seinen Konkurrenten fehle ihm überdies eine interessante Hintergrundgeschichte.

Zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses dieser Ausgabe war Farage von den Zuschauern noch nicht aus dem britischen Dschungelcamp herausgewählt worden, allerdings verdonnerten sie ihn auch nicht mehr zur Erledigung der traditionell fiesen bis ekelerregenden Aufgaben. Er könnte es »durchaus bis zum Ende schaffen«, schrieb Otto English, der sich jede Minute der Show anschaut, »aber im Nachhinein vermute ich, dass sowohl er als auch ITV den Tag bereuen werden, an dem er sich zur Teilnahme entschloss«.

Bleibt das Geld und die Frage, ob Farage den Show-Dschungel wirklich nötig hat. Seine Gegner lästern in den sozialen Medien, dass er wohl in Geldnöten sei, schließlich könne Wladimir Putin aufgrund der Sanktionen nichts mehr zahlen. Farage dürften solche Kommentare nicht freuen, denn derartige Verdächtigungen gab es in den vergangenen Jahren häufig – allerdings konnten sie nie bewiesen werden.

Insgesamt hatte Farage überaus gute internationale Kontakte, unter anderem zu Donald Trump, für den er 2016 und 2020 in den USA Wahlkampf machte. Im Juli 2016 war allerdings Farages enger Mitarbeiter George Cottrell in den USA wegen Verdachts auf Geldwäsche verhaftet worden. Die beiden Männer hatten die National Convention der Republikaner besucht, bei der Farage zuvor eine Rede gehalten hatte, und wollten vom Flughafen Chicago aus zurück nach Großbritannien fliegen.

Farage reagierte damals auf die Festnahme seines Assistenten mit der Bemerkung, er sei lediglich ein unbezahlter Praktikant und UKIP-Unterstützer gewesen. Das entsprach nicht der Wahrheit: Der aus einer angesehenen Aristokratenfamilie (seine Mutter war in ihrer Jugend mit dem heutigen König Charles III. liiert gewesen) stammende und auf der karibischen Privatinsel Mustique aufgewachsene Cottrell hatte seit seinem 20. Lebensjahr Posten bei mindestens drei Banken inne: bei der Crédit Suisse, bei J.P. Morgan und der laut den Panama Papers in Geldwäsche verstrickten, mittlerweile aufgelösten Banca Privada d’Andorra. Ende 2015 wurde der damals 22jährige stellvertretender Schatzmeister der UKIP, die bei der Unterhauswahl einen Sitz erreicht hatte. Einige Monate später stieg er zum Chef der Fundraising-Abteilung der Partei auf und wurde außerdem Stabschef von Farage. Die Website The Daily Beast bezeichnete ihn als »›Posh George‹: der zwielichtige Mann fürs Geld, verstrickt mit dem Brexit, Russland und Trump«.

Das, weswegen Cottrell 2016 verhaftet worden war, hatte sich allerdings vor seiner UKIP-Zeit ereignet: Zwischen März und September 2014 war er zusammen mit einem Komplizen im Darknet als Finanzier aufgetreten, der anbot, Erträge aus Straftaten gegen eine Gebühr über seine Bankkonten zu waschen. Rasch war er auf verdeckte Ermittler hereingefallen, die sich ihm gegenüber als Drogenschmuggler ausgegeben hatten. Kurz nach dem ersten Kontakt traf sich Cottrell im April 2014 in Las Vegas mit den angeblichen Drogenbaronen zu einem Gespräch über Transaktionsmöglichkeiten.

Nach seiner Festnahme war Cottrell in insgesamt 21 Punkten wie Geldwäsche, Betrug und Erpressung angeklagt worden, in US-Medien hieß es damals, ihm drohten bis zu 20 Jahre Haft. Cott­rell beharrte darauf, dass er nie Geldwäsche geplant habe, sondern damit Spielschulden in Millionenhöhe begleichen wollte. Schließlich bekannte er sich des Überweisungsbetrugs für schuldig und kooperierte eng mit den Ermittlungsbehörden. 2017 wurde er zu acht Monaten Haft verurteilt und umgehend freigelassen. Heutzutage ar­beitet er mit auf Geldwäsche spezialisierten Ermittlern zusammen und lei­tet ein familieneigenes Unternehmen. Während Farage im Dschungelcamp sitzt und sich Sorgen darüber macht, dass sein Hintern vielleicht zu schlaff sein könnte.