»Little Rope« von Sleater-Kinney

Besser als okay

Die olympischen Godmothers of Riot Grrrl befinden sich mit ihrem neuen Album »Little Rope« wieder im Aufwind.
Musikrezension Von

Die 2019 als ein best of both worlds gedachte Zusammenarbeit zwischen Sleater-Kinney und Art-Pop-Musikerin St. Vincent als Produzentin brachte mit »The Center Won’t Hold« lediglich ein dröges Popalbum hervor. Das war die eine schlimme Sache. Eine weitere war die Ausbootung (so muss man das wohl nennen) von Drummerin Janet Weiss – das seit 1996 in dieser Formation bestehende Trio brach auseinander.

Dem Nachfolger steckte das alles noch überdeutlich in den Knochen. »Path of Wellness« von 2021 wirkte ganz dem Albumtitel entsprechend wie eine hospitalisierte Version des früheren rauen Sounds. Sleater-Kinney: Ab jetzt nur noch ganz okay.

Die vornehmlich schlanken Grundgerüste der Songs sind mit allerlei fuzzigen Gitarrenspielereien ausgepolstert.

Doch jetzt sind Sleater-Kinney auf dem Weg zurück zu alter, oder besser ausgedrückt, anderer Stärke. Der schmerzhafte Band-Genesungsprozess ging einher mit persönlichen Schicksalsschlägen, die auf dem neuen Album »Little Rope« noch zusätzlich irgendwie mitverarbeitet werden mussten: Auf einer Italien-Reise verunglückten Carrie Brownsteins Mutter und ihr Stiefvater tödlich bei einem Autounfall. »Hell is just a place that we can’t seem to live without« – der Opener »Hell« ist bebender Klagegesang voller Pein.

Das Gute im Schlechten: Auch diesem Schmerz verdanken Brownstein und Corin Tucker die immer besser gelingende Metamorphose des Band-Sounds: Mehr Geradlinigkeit in Text und Musik, Anleihen an den weiblichen Power-Rock der Achtziger, was Tuckers dunkel-voluminöser Gesangstil naturgemäß nahelegt (»Say It Like You Mean It«).

Immer wieder macht sich der Einfluss von Produzent John Congleton und dessen Vorliebe für unheilvolle Schicksalssinfonien bemerkbar. Die vornehmlich schlanken Grundgerüste der Songs sind mit allerlei fuzzigen Gitarrenspielereien ausgepolstert. Analoger Glitch, der deutlich macht, dass weiterhin nicht alles in Ordnung ist bei Sleater-Kinney. Trotzdem ist »Little Rope« viel mehr als nur ganz okay.


Albumcover

Sleater-Kinney: Little Rope (Loma Vista ­Recordings)