Mittwoch, 03.01.2024 / 20:29 Uhr

Abschiebestopp für Iran aufgehoben

Von
Thomas von der Osten-Sacken

Demonstration von Exiliranern in Frankfurt im Herbst 2023, Bild: Thomas v. der Osten-Sacken

Eine "Abschiebeoffensive" hatte Kanzler Olaf Scholz letztes Jahr versprochen. Und die Ampel liefert: Traf es erst Jesidinnen und Jesiden, sind jetzt abgelehnte iranische Asylbewerber an der Reihe.

 

Dazu berichtet die taz in ihrer heutigen Ausgabe:

Seit Neujahr müssen viele schutzsuchende Ira­ne­r*in­nen in Deutschland wieder Abschiebungen in die Islamische Republik fürchten. Ein in allen 16 Bundesländern geltender Abschiebestopp in den Iran wurde auf der In­nen­mi­nis­te­r*in­nen­kon­fe­renz (IMK) im Dezember nicht verlängert und lief zum 31.12.2023 aus. Einzig in Berlin läuft noch bis Ende Februar ein genereller Abschiebestopp.

Für Abschiebungen in den Iran gilt damit von nun an nur noch eine zielstaatsbezogene Sonderreglung: Asylanträge von politisch besonders gefährdeten Menschen gehen in ein beschleunigtes Verfahren. Der Personenkreis ist jedoch stark begrenzt: Die Regelung gilt nur für diejenigen, die unter anderem nachweisen können, „in besonders herausragender und langjähriger Weise in der Menschenrechts- oder Oppositionsarbeit aktiv“ gewesen zu sein, schreibt die Pressestelle des Bundesinnenministeriums (BMI) auf Rückfrage der taz.

Normale Asylverfahren für einen dauerhaften Aufenthaltstitel in Deutschland waren für Ira­ne­r*in­nen zwar nie ausgesetzt, aber sie waren während des generellen Abschiebestopps nicht notwendig, um zumindest vorübergehend einer Abschiebung zu entgehen. Von nun an müssen alle schutzsuchenden Ira­ne­r*in­nen wieder individuell beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ihre Asylgründe glaubhaft machen – im Zweifel, und wenn finanziell überhaupt möglich, auf dem Rechtsweg. (...)

 

Der jetzt ausgelaufene Abschiebestopp war eine Reaktion darauf und wurde zunächst von einigen Ländern wie Nordrhein-Westfalen, Bremen und Thüringen in Eigenregie verhängt. Darüber hinaus hat die IMK im Dezember 2022 erstmals einen bundesweiten Stopp der Abschiebungen in den Iran beschlossen. Im Sommer 2023 verlängerte sie diesen mit Verweis auf die immer noch gravierende Menschenrechtslage. Dennoch wurden Asylanträge vieler Ira­ne­r*in­nen seither abgelehnt.

Azimipour vermutet, dass Deutschland wohl „auch im Fall von Jina gesagt hätten, es sei für sie nicht gefährlich zurückzugehen“. Besonders vor dem Hintergrund fehlender Rechtsstaatlichkeit im Iran sei die Bedeutung einer Abschiebung dorthin jedoch nicht zu unterschätzen, erklärt sie. „Es ist nicht so, dass du in den Iran abgeschoben wirst und wieder zu deinem normalen Leben übergehst.“

Bereits die Ausreise aus der Islamischen Republik sei illegalisiert und ein Haftgrund, sagt Azimipour. So würden selbst Menschen, die freiwillig zurückgehen, weil ihnen hier die Perspektive fehlt, bei ihrer Rückkehr zum Teil verhaftet. Besonders gefährdet seien auch Menschen, die hier in Deutschland in den letzte Monaten und Jahren auf Solidaritätsdemos mit den Protesten im Iran waren. „Denen drohen im Gefängnis Vergewaltigung, Folter und Willkür“, so Azimipour.