Auf dem Antifa-CSD in der Provinz

Friede, Freude, Freiburg?

Kolumne übers Spazierengehen. Rückblick auf den Pride Month 2023 in der Provinz.

Der Pride Month 2023 ist vorbei. International wurde wieder viel diskutiert, eskaliert, provoziert, sich echauffiert und proklamiert. Auch in ganz Deutschland wurde mit Paraden, Veranstaltungen und Protestaktionen nicht nur queeres Leben gefeiert und, wie man so sagt, Sichtbarkeit gefordert, sondern auch gegen Queerfeindlichkeit spaziert und demonstriert. Auch in Süddeutschland fanden Paraden statt, unter anderem im baden-württembergischen Freiburg, wo der Umzug in diesem Jahr der Website Freiburg.de zufolge vor allem eines sein sollte: eine Liebeserklärung an die Vielfalt. Friede, Freude, Freiburg! Doch war es so?

Die braune Suppe von ganz rechts rief derweilen bei Twitter den »Stolzmonat« aus, kaperte die Regenbogenflagge und verschmolz diese mit der Flagge der BRD zu einem sechsfarbigen deutschtümelnden Ungetüm. Der »Stolzmonat« ist nicht nur ein schlechter Wortwitz, der zum Gähnen langweilt, sondern eine pointierte Drohgebärde und Provokation von AfD und anderem braunen Pack, für die Schwarz-Rot-Gold gerade bunt genug ist.

Schwarz vermummtes »Schwarzwaldmädel« mit regenbogenfarbenem Bollenhut und Antifa-Logo

Schwarz vermummtes »Schwarzwaldmädel« mit regenbogenfarbenem Bollenhut und Antifa-Logo. Zu links für LSVD-Landesverband Baden-Württemberg und CSD Stuttgart

Bild:
CSD Freiburg

Als Reaktion darauf machten die Organisator:innen des CSD Freiburg dieses Jahr mit Symbolik der Antifa auf sich aufmerksam. Ein schwarz vermummtes »Schwarzwaldmädel« mit regenbogenfarbenem Bollenhut prangte mit Antifa-Logo auf dem Plakat, Motto: »Traditionsbewusst und grundsolide«. Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten, allerdings von überraschender Seite. Der LSVD-Landesverband Baden-Württemberg sagte seine Teilnahme ab, genauso der CSD Stuttgart. Die Begründung lautete, man wolle als Verein für »Familienrechte und Kindeswohl« nichts mit Linksradikalismus zu tun haben. Hm, Linksradikalismus? Ging es hier nicht erst mal um Antifaschismus?

Der parteilose Freiburger Bürgermeister Martin Horn solidarisierte sich übrigens mit dem CSD und hatte auch nichts gegen die antifaschistische Symbolik. Interessant, dass selbst beim Stadtoberhaupt der Antifa-Unterstützung weder Stolz noch Vorurteil entgegenstehen, wohingegen sich queere Genoss:innen distanzieren. Aber so einiges in Freiburg ist und bleibt rätselhaft. Zum Beispiel, warum der CSD seit Jahren auch vegan sein muss, also keine tierischen Produkte angeboten werden. Da ist der Zusammenhang schon eher schwer herzustellen. Vielleicht, weil die derzeitige Lage in Teilen Deutschlands sonst noch schwerer zu verdauen wäre?