Ein Hoch auf die Trägheit

Im Schweiße meines Angesichts

Die sogenannte ­Generation Z alarmiert wegen ihres Eigensinns die Arbeitgeber. Wenn ihr vorgeworfen wird, keinen Bock mehr auf Arbeit zu haben, weckt das in unserer Kolumnistin klammheimliche Freude. Wobei die Ablehnung, sich zu Tode zu schuften, wahrscheinlich weniger Zeichen eines gelebten Anti­kapitalismus ist, als vielmehr darauf zurückzuführen, dass die Versprechungen von Wohlstand durch ­Arbeit keinen Glauben mehr finden.
Kolumne »Schicht im Schacht« Von

Ich bin ein fauler Mensch. Auch wenn ich meine Lohnarbeit meistens gerne, mit Lust und Motivation verrichte, muss ich sie nicht grundlos ausweiten. Ich nehme mir Zeit für Freunde und Kinder, für Sport und Partys und zum völlig sinnfreien Nichtstun. Fleiß, Pflichterfüllung und die Befolgung der Anweisungen von Vorgesetzten sind nicht mein Ding. Die Arbeitsmoral ist gewissermaßen am Boden. Das ist kein widerständiger Akt, mit dem zu kokettieren wäre. Immer abliefern ist einfach nicht möglich. Selbst wenn ich es wollte.

Der Calvinismus betrachtet die Arbeit und einen asketischen Lebensstil als eine Art Gottesdienst und den finanziellen Erfolg als Zeichen göttlicher Gunst. Die sogenannte protestantische Arbeitsethik, die sich ab Mitte des 16. Jahrhunderts in Teilen Europas verbreitete und später auch in den USA wirksam wurde, bildete die ideale Voraussetzung für die kapitalistische Ausbeutung der Arbeit. Meine Furcht vor der Hölle ist aber nicht groß genug, als dass ich mich ­ihretwegen plagen würde. Ein solcher Ansporn fehlt völlig.

Arbeitsmoral macht nicht nur nicht reich, sondern auch noch krank und unglücklich.

Lange Zeit funktionierte die protestantische Einstellung gesellschaftlich ziemlich gut. Auch deshalb, weil sich die Erzählung vom Erfolg, der sich einstellt, wenn man nur hart genug arbeite, für manche auch bewahrheitete. Doch das ist immer seltener der Fall. Reich wird, wer erbt oder einen Zufallstreffer im Start-up-Roulette landet. Denn Arbeit funktioniert immer noch so: Die einen müssen sie für die anderen machen. Selten klappt der Aufstieg von den einen zu den anderen.

Warum sich also abmühen, wenn dabei nichts rumkommt? In einer Studie des Beratungsunternehmens Deloitte von 2022 gaben 42 Prozent von 10.000 befragten Arbeitnehmer:innen in den USA, Deutschland, Australien, Japan, Frankreich und Großbritannien an, sich ausgebrannt zu fühlen. Arbeitsmoral macht nicht nur nicht reich, sondern auch noch krank und unglücklich.

Eine Ahnung davon macht sich vermehrt in der Arbeitseinstellung jüngerer Menschen bemerkbar. Die sogenannte ­Generation Z alarmiert wegen ihres Eigensinns die Arbeitgeber. Wenn ihr vorgeworfen wird, keinen Bock mehr auf Arbeit zu haben, freue ich mich insgeheim. Es ­abzulehnen, sich zu Tode zu schuften, ist wahrscheinlich weniger Zeichen eines gelebten Anti­kapitalismus, als vielmehr darauf zurückzuführen, dass die Versprechungen von Wohlstand durch ­Arbeit keinen Glauben mehr finden. Ob das das Ende der Arbeitsgesellschaft ist, von dem schon Hannah Arendt sprach, ist jedoch zweifelhaft. Aber vielleicht ist es das Ende eines ungesunden und unsympa­thischen Strebertums auf Kosten von Freude und Spaß.