Über »Moonlight Shadoh« von Ann Eysermans

Ein Hundeleben

Die belgische Komponistin Ann Eysermans hat ein neues Album veröffentlicht.
Musikrezension Von

Ein Orgelton, Helikoptergeräusche, fernes Hundebellen – das neue Album der belgischen Komponistin Ann Eysermans setzt von ­Beginn an die Collage-Ästhetik seines Vorgängers »For Trainspotters Only« fort. Auf diesem hatte Eysermans ihre Leidenschaft für ­Eisenbahnen in atmosphärische Stücke zwischen Klangkunst, Musique concrète und zeitgenössischer Komposition übersetzt.

Auch auf »Moonlight Shadoh«, im Oktober beim Brüsseler Label ­Cortizona erschienen, gibt es vorbeiratternde Züge zu hören, im Zentrum aber steht diesmal ein Lebewesen. Eysermans’ Hund Shadoh bellt in einem Labyrinth aus Field Recordings, Samples, zartem Gesang und einem riesigen Instrumentarium.

Dass die streckenweise melancholische Hommage an ein Hundeleben nicht ins Sentimentale driftet, ist Eysermans’ furchtlosem Umgang mit Klangquellen aller Art zu verdanken.

Dass die streckenweise melancholische Hommage an ein Hundeleben nicht ins Sentimentale driftet, ist Eysermans’ furchtlosem Umgang mit Klangquellen aller Art zu verdanken. Die Harfenistin und Kontrabassistin ist bei diversen Ensembles zeitgenössischer Musik beschäftigt, lässt aber auf den eigenen Alben eine Affinität zu Pop und Clubmusik durchscheinen. Da sind etwa das eingängige »Blafmans« oder das seltsame »Pumst«, in dem sich Beats und Aufnahmen von Zügen zu einem abstrakten Sound verdichten, ehe aus dem Nichts eine Eurodance-Akkordfolge hereinbricht – mit Shadohs Bellen als Basssynthesizer-Ersatz.

Eysermans geht mit den Hundeklängen nicht als formbarem musikalischem Material um, das möglichst nahtlos in die Kompositionen eingefügt würde. Mag sich auch hier und da Shadohs ­Wasserschlürfen oder Jaulen zu einer rhythmischen Form entwickeln, ist er überwiegend als eigenständiges, unkontrollierbares Wesen präsent. So klappert er im Schlusstrack »Only the Very Best« mit einem Fressnapf über düstere David-Lynch-Streicher. Nicht zuletzt in diesem liebevollen Intaktlassen seiner chao­tischen Energie liegt das Berührende dieses Albums.


Albumcover

Ann Eysermans: Moonlight Shadoh ­(Cortizona)