Putin, Hamas, Trump – der analoge Mann muss dringend abschalten

Der analoge Mann

Aus Kreuzberg und der Welt: Basteln ist das neue Om

Am Samstagvormittag brechen Julia und ich auf, um zu einer Freundin zu fahren. Den ganzen Tag sitzen wir gemütlich zusammen und zeichnen, drucken und nähen. Wir sind im Flow, vergessen die allgegenwärtigen Probleme der Welt. Als ich so da sitze, fällt mir auf, dass gemeinsam kreativ zu sein sich genauso anfühlt, wie gemeinsam zu meditieren.

Tanzende Hühner
Bild:
Andreas Michalke

Darüber, wie wir uns gut ernähren, wissen wir alle viel. Darüber, wie wir bei Laune bleiben, weniger. Klar, Stress ist schlecht. Aber andauernd schlechte Gedanken zu haben, macht einen fertig. Wir hängen alle am kollektiven Trog der schlechten Nachrichten. Natürlich wollen wir informiert werden. Und hören dann ständig von Trump, Putin und Hamas. Wie man das alles verarbeiten soll, sagt einem niemand.

Verrückterweise ist wahrscheinlich sogar das gemeinsame Arbeiten an einer Zeitung, in der die schrecklichen Ereignisse in der Welt behandelt werden, irgendwie gut für die daran Arbeitenden.

Paradoxerweise hilft es dem Kopf, wenn der Körper in Bewegung bleibt. An die frische Luft zu gehen, scheint zu helfen. Ich würde sogar behaupten, dass es günstig ist, gelegentlich was mit anderen zu unternehmen. Es sollten natürlich schon die richtigen Leute sein. Also ruhig mal zusammen tanzen und ganz, ganz gelegentlich ein Bier trinken. Meinetwegen auch einen Joint rauchen.

Verrückterweise ist wahrscheinlich sogar das gemeinsame Arbeiten an einer Zeitung, in der die schrecklichen Ereignisse in der Welt behandelt werden, irgendwie gut für die daran Arbeitenden. Auch wenn das natürlich nicht das Ziel ist.

Drucke
Bild:
Andreas Michalke

Wir basteln jedenfalls jetzt gemeinsam. Ich würde sagen, dass unsere gemeinsame Bastelei sogar noch besser ist als Meditation, denn am Ende haben wir einen kleinen Berg von Produkten erarbeitet und sehen, was wir gemacht haben. Die Karten, Taschen, Handtücher und Deckchen werden gerecht aufgeteilt. Wir fahren zufrieden nach Hause.

Am Sonntagvormittag scheint die Sonne. Julia und ich gehen spazieren. Der Frühling deutet sich schon überall an. Ganze Felder von violetten Leberblümchen brechen aus dem Boden. Der Haussperling trällert schon wieder unter dem Dachsims und sucht eine Partnerin für sein freies Nest.

Banjo Huhn
Bild:
Andreas Michalke

Bald ist es auch vorbei mit unserer gemütlichen Winterhäuslichkeit. Dann werden Julia und ich wieder draußen sitzen und zeichnen. Ein Mann auf Krücken kommt uns entgegen. Auch er guckt sich begeistert das Blümchenfeld an. »Ich komme jeden Tag hierher und schon seit drei Tagen zeigen sich die Knospen«, sagt er, »aber erst heute haben sie ihre Blüten geöffnet.« Wir stehen in der Sonne und lassen uns von ihr wärmen.