Die »internationale Gemeinschaft« versagt bei der Vorsorge für künftige Pandemien

Alle Vögel sind schon da

»Nach Corona« ist längst klar: Es wird weitere Pandemien geben. Doch was den Stand der Vorbereitung angeht, besteht kaum Grund für Optimismus. Obwohl die wachsende Bedrohung durch die »Vogelgrippe« eigentlich Warnung genug sollte.
Was kümmert mich der Dax Von

Hin und wieder hört man aus dem Freundeskreis ein »Ups, der Covid-Test war positiv«, aber der Verlauf ist dann in der Regel glimpflich. Wer nicht zu den besonders Gefährdeten gehört, schert sich kaum noch um Covid-19. Ist von einer Aufarbeitung die Rede, dann wird meist eine nachträgliche Kritik an den Schutzmaßnahmen gefordert – von einer weinerlichen und dauerbeleidigten Minderheit zwar, aber Politiker:innen aller großen Parteien gilt das Thema Pandemie offenbar als unbequem. Die Leute sind ja auch so schon schlecht genug drauf.

Diese nicht nur in Deutschland anzutreffende Haltung führt auch dazu, dass eine wichtige Botschaft der medizinischen Wissenschaft schnell wieder in Vergessenheit geraten ist: Es wird weitere Pandemien geben. Deshalb beschloss die World Health Assembly, das UN-Gremium für die Leitung der World Health Organization (WHO), im Dezember 2021 die Vorbereitung eines Abkommens, das bei künftigen Pandemien eine bessere internationale Zusammenarbeit gewährleisten soll.

Im April wurden in den USA in 20 Prozent der Milchproben H5N1-Viren gefunden, die »Vogelgrippe« hat also in großem Ausmaß Kühe infiziert.

Im Oktober vorigen Jahres wurde ein Entwurf vorgelegt, der eine Reihe spezifischer Verpflichtungen unter anderem für die Überwachung der Massentierhaltung und die Freigabe von Forschungsergebnissen enthielt. In folgenden Entwürfen wurden die Bestimmungen mehr und mehr verwässert, denn die Interessenkonflikte hätten sonst offenbar zu einem gänzlichen Scheitern des Abkommens geführt.

Vorgesehen waren ursprünglich Überwachungsverpflichtungen, die armen Staaten hohe Kosten auferlegt hätten – und wie üblich gab es keine Bereitschaft der reichen Staaten zur finanziellen Hilfe. Diese verweigern sich überdies dem pathogen access and benefit sharing (PABS), das ihre Pharmakonzerne dazu verpflichtet hätte, freien Zugang zu Forschungsergebnissen und Impfstoffen zu gewähren. Die Verhandlungen sollen Ende Mai abgeschlossen werden und Gründe für Optimismus gibt es kaum, obwohl die wachsende Bedrohung durch die »Vogelgrippe« (hervorgerufen vom Influenzavirus H5N1) eigentlich Warnung genug sollte.

Im April wurden in den USA in 20 Prozent der Milchproben (wegen der Pasteurisierung ungefährliche) H5N1-Viren gefunden, die »Vogelgrippe« hat also in großem Ausmaß Kühe infiziert. Ein Arbeiter erkrankte. Die Übertragung auf Menschen ist weiterhin sehr selten, doch die Verbreitung unter Kühen könnte gefährliche Mutationen begünstigen – und nach Angaben der WHO starben 52 Prozent der 888 an H5N1 Erkrankten.

Doch gedenkt die US-Regierung offenbar nicht, etwas zu unternehmen, vermutlich weil einschränkende Vorschriften für die Massentierhaltung als zu unpopulär in einem Wahljahr gelten. Wohl aus demselben Grund hält das Landwirtschaftsministerium Daten über H5N1 zurück, wie Wissenschaftler:in­nen Ende April beklagten. Und natürlich geht es immer noch schlimmer. Obwohl das im vorigen Jahr gegründete und Präsident Joe Biden unterstehende Office of Pandemic Preparedness and Response bislang nicht durch besondere Strenge aufgefallen ist, will Donald Trump es im Fall seiner Wiederwahl abschaffen.