Gute Vorsätze und was aus ihnen wird

Frohes neues Vorsätzemachen

Kolumne übers Spazierengehen. Rausch oder Gesundheitswahn?

In dem schwulen Filmdrama »A Single Man« aus dem Jahr 2010 spricht der suizidale Protagonist George (Colin Firth) in einer Szene mit seiner besten Freundin Charley (gespielt von der großartigen Julianne Moore) über Neujahrsvorsätze. Charley proklamiert süffisant: »Mehr rauchen, mehr trinken. Und scheiß auf den Rest!« Auch wenn dieser ekstatische Hedonismus im wahrsten Sinne des Wortes berauschend wirkt, stellt sich am Ende eines jeden Jahres wieder die Frage, ob man nicht, Körper und Psyche würden sich bedanken, doch ein wenig vom Rausch Abstand nehmen sollte. Also: weniger Zucker, mehr Sport und die wirklich allerletzte Zigarette an Silvester um kurz vor zwölf – same procedure as every year.

Ein schneller »Glow« aus der Kältekammer oder »Botox to Go« während der Shoppingtour und schon kommt man dem Insta-Filter-Gesicht etwas näher.

Nach Neujahr lässt sich dann beim Spaziergang mit Fluppe im Mund beobachten, dass sämtliche deutschen Buchläden ihre Schaufenster mit Sachbüchern über Low-Carb-Diäten, Clean Eating, ketogene Ernährung und natürlich mit »Endlich Nichtraucher« dekoriert haben, die die in den Hinterkopf verdrängten Vorsätze für das neu angebrochene Jahr in den präfrontalen Cortex zurückkatapultieren. Das Geschäft mit dem schlechten Gewissen funktioniert einfach immer.

Und wenn man sich dem Gesundheitswahn nicht beugen möchte, lassen sich mit Hilfe der Beauty-Indus­trie zumindest die äußeren Makel pimpen. Ein schneller »Glow« aus der Kältekammer oder »Botox to Go« während der Shoppingtour und schon kommt man dem Insta-Filter-Gesicht etwas näher.

Fragen gesunder Lebensführung werden natürlich auch wissenschaftlich untersucht. Martin Dannecker, Sexualwissenschaftler und selbst Kettenraucher, fragte schon vor ein paar Jahren nach den Bedingungen für ein gutes Leben und kritisierte das Diktat der Gesundheit, das seiner Meinung nach kein selbstbestimmtes oder gar freies Leben hervorzubringen vermag.

Was unbestritten positive Effekte auf Geist und Körper hat und wofür man weder bezahlen noch auf etwas verzichten muss, ist das Lachen. Wenn man in einem Moment, in dem man nicht beobachtet wird, eine Grimasse schneidet, soll das Gehirn bereits nach 60 Sekunden Glückshormone ausstoßen und man fühlt sich wieder wohl in seiner Haut – so heißt es zumindest. So manchen bleibt allerdings auch das verwehrt, aufgrund übermäßiger Botox-Behandlungen, die sämtliche Mimik erstarren lässt und ein Lächeln somit unmöglich macht. Sad new year!