Salman Rushdies phantastischer Roman »Victory City«

Allegorie auf Indien

Salman Rushdie hat ein neues Buch geschrieben. »Victory City«, ein ­phantastischer Roman über das indische Königreich Bisnaga, in dem die Gleichberechtigung der Geschlechter herrschte, wurde noch vor dem Attentat auf den Schriftsteller im vergangenen Jahr fertiggestellt. Gelungen ist der Roman nicht, doch zum Glück wird es nicht sein letzter sein.

Zunächst die gute Nachricht: Salman Rushdie lebt. Nachdem ein Muslim im August vergangenen Jahres bei einer Lesung im US-Bundesstaat New York versucht hatte, den Schriftsteller mit mehreren Messerstichen zu ermorden, und ihn dabei schwer verletzt hatte, hat dieser sich zurück ins Leben gekämpft. Auf einem Auge erblindet, hat er ­ansonsten Glück im Unglück gehabt.

Und vor allem: Er schreibt. Derzeit »über das, was mir passiert ist«, also das Attentat, wie er vor einigen Wochen in einem Interview mit der Zeit erzählte. Sein nun erschienenes Buch »Victory City« hatte er zwar – zum Glück – schon vor dem Attentat fertiggestellt, doch dass es nicht sein letztes sein wird, ist bei einem der besten Geschichtenerzähler der Gegenwart nicht nur eine gute, sondern eine vortreffliche Nachricht. Nicht zuletzt, weil »Victory City« diesem seinem Status überhaupt nicht gerecht wird.

Womit wir bei der schlechten Nachricht wären: »Victory City« ist ein enttäuschendes Buch. Rushdie kehrt damit »nach Indien zurück«, so die Verlagswerbung. Es soll ein Epos sein über die Geschichte eines südindischen Reichs, das vom 14. bis ins 16. Jahrhundert existierte und das von der historischen Forschung lange kaum beachtet wurde: Vijayanagara, was tatsächlich so viel wie »Stadt des Sieges« heißt – wobei vollkommen schleierhaft ist, warum der Verlag sich dafür entschieden hat, das Buch auch auf dem deutschsprachigen Markt mit dem englischen Titel zu vertreiben.

Schließlich ist »Victory City« eine Übersetzung des Namens aus einer dravidischen Sprache, und zwischen der deutschen und englischen Übersetzung besteht kein signifikanter Bedeutungsunterschied, der eine Beibehaltung des englischen Begriffs einigermaßen rechtfertigen könnte. Entsprechend ist im Buch von der »Stadt des Sieges« die Rede und nicht von »Victory City«. Es ist ein unsinniger Trend der Buchbranche, dem hier gefolgt wurde.

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