Der US-Soldat Travis King hat sich nach Nordkorea abgesetzt

Fahnenflucht nach Nordkorea

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Travis King hat sich ein ungewöhnliches Ziel für seine Desertion ausgesucht: Am 18. Juli übertrat er nach Angaben von US-Beamten »vorsätzlich und ohne Genehmigung« die Grenze zu Nordkorea – als erster US-Soldat seit 1982. Erst zehn Tage zuvor war er aus einem südkoreanischen Gefängnis entlassen worden, wo er 50 Tage abgesessen hatte, weil er »eine Person in Südkorea angegriffen habe«, so Christine Wormuth, die als United States Secretary of the Army direkt dem Verteidigungsminister untersteht.

Einen Tag vor seiner Flucht nach Nordkorea sollte King einen Flug nach Texas besteigen. Dort drohten ihm ein Disziplinarverfahren und die unehrenhafte Entlassung aus der US-Armee, der er erst 2021 beigetreten war. Doch weil seine Armeeeskorten kein Ticket hatten, um ihn weiter als bis zur Sicherheitskontrolle am internationalen Flughafen Incheon zu begleiten, konnte er das Gebäude allein wieder verlassen. Am nächsten Tag nahm er an einer privaten Führung durch die Joint Security Area teil, eine kleine Gebäudeansammlung in der demilitarisierten Zone, an der es keine Grenzsperren gibt. Hier rannte King ­hinüber nach Nordkorea. Nachdem er die Demarkationslinie überschritten hatte, wurde er von Soldaten aufgegriffen und verschleppt.

King habe aus »Abneigung gegen unmenschliche Misshandlung und Rassendiskriminierung innerhalb der US-Armee« gehandelt und wolle in Nordkorea oder einem Drittland »Zuflucht suchen«, hieß es aus Nordkorea.

Die USA versuchen, Kontakt zum Regime aufzunehmen, um sich über den Zustand des Desertierten zu erkundigen. Es sei aber typisch für Nordkorea, nicht auf die Bemühungen der USA zu reagieren, sagte ein Beamter des Verteidigungsministeriums. Am Mittwoch vergangener Woche, zwei Tage vor einem trilateralem Treffen zwischen den USA, Südkorea und Japan, machte Nordkorea über die staatliche koreanische Nachrichtenagentur KCNA erstmals öffentliche Aussagen zu ihrem Gefangenen. Demnach habe King aus »Abneigung gegen unmenschliche Misshandlung und Rassendiskriminierung innerhalb der US-Armee« gehandelt und wolle in Nordkorea oder einem Drittland »Zuflucht suchen«. Derzeit werde in dem Fall noch ermittelt.

Ob King tatsächlich diese Aussagen getätigt hat, sei nicht überprüfbar, so das US-Verteidigungsministerium, man sei jedoch bemüht, die sichere Rückkehr des Soldaten zu ermöglichen. Auch Kings Mutter hat sich eingeschaltet; sie habe Nordkorea gebeten, ihren Sohn menschlich zu behandeln und ihm einen Anruf bei ihr zu gewähren.