Die gesellschaftliche Akzeptanz queerer Menschen in Polen

Zwischen Trauma und Aufbruch

Die Hetze der vergangenen Wahlkämpfe setzte queeren Menschen in Polen schwer zu. Selbst bei einem Regierungswechsel rechnen die wenigsten mit substantiellen Verbesserungen. Zugleich erhalten LGBT-Projekte gesellschaftlichen Zuspruch.

Mitten in Polens Hauptstadt Warschau an der Marszałkowska-Straße entsteht derzeit das Queer Muzeum. Die Eröffnung des ersten queeren Museums in Ostmitteleuropa, das auf 120 Quadratmetern neben einem Raum für Wechselausstellungen auch eine Bibliothek und ein Archiv beherbergen soll, ist bereits für Anfang 2024 vorgesehen. Das öffentlichkeitswirksame Projekt geht auf eine Initiative der seit 1997 tätigen und damit ältesten polnischen LGBT-Organisation, Lambda Warszawa, zurück und wird finanziell von der Stadt Warschau gefördert.

Die zentrale Lage des künftigen Museums und die Unterstützung aus öffentlichen Mitteln mögen zunächst verwundern, schließlich machten in den vergangenen Jahren vor allem Nachrichten über homophobe und queerfeind­liche Ereignisse aus Polen Schlagzeilen. Nicht nur die Verbote der Parada Równości (Gleichheitsparade) zu Beginn der nuller Jahre in Warschau selbst, sondern auch jüngere Ausdrücke von Hass und Repression sorgten für ­internationales Aufsehen: Zum Beispiel die gewalttätigen Angriffe auf den Gleichheitsmarsch in der ostpolnischen Stadt Białystok durch Tausende Mitglieder rechtsextremer Gruppen und Hooligans im Sommer 2019 oder die »LGBT-ideologiefreien Zonen«, zu denen sich zahlreiche Städte und Gemeinden im Laufe des Jahres 2019 erklärten – eine Reaktion auf die liberale Politik der Stadt Warschau und ihres Bürgermeisters Rafał Trzaskowski von der nationalliberalen Platforma Obywatelska (PO, Bürgerplattform).

Besondere mediale Aufmerksamkeit erhielten diese homophoben Beschlüsse durch eine eindrückliche Kunstaktion des Filmregisseurs und LGBT-Aktivisten Bartosz Staszewski. Er befestigte an den Ortsschildern der Kommunen ein gelbes Schild mit der Aufschrift »LGBT-freie Zone« und fotografierte diese zusammen mit queeren Einwoh­ner:in­nen der jeweiligen Städte.

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