Lee Edelman zeigt mit seinem Buch »Bad Education« den Stand der Queer Theory auf

Viel Lärm um nichts

An dem Buch »Bad Education« des US-amerikanischen Literatur­wissenschaftlers Lee Edelman lässt sich alles aufzeigen, was derzeit in der Queer Theory falsch läuft.

Wie es um die Queer Theory bestellt ist, lässt sich mittlerweile an nahezu jeder Publikation aufzeigen, die in diesem Zusammenhang entsteht. Das gilt auch für die jüngste Veröffentlichungen von Lee Edelman: Der an der Tufts University in Massachusetts lehrende Literaturwissenschaftler genießt auf diesem Gebiet – allerdings wirklich nur dort – einen Ruf als herausfordernder Denker.

Seine 2004 erschienene Monographie »No Future« befasste sich mit gesellschaftlichen Untergangsphantasien, die die Kindheit zu einer Phase reiner Unschuld verklären, um sie zugleich zum symbolischen Träger einer hoffnungsvollen heterosexuellen Zukunft zu machen, die niemals eintrete. In dieser Denkweise fungiert »das Kind« (Edelman schreibt »Child« in dem Text meist groß), dessen Wohlergehen vor dem Bösen geschützt werden müsse, als politisierte Trope.

Provokant konnte man den Einspruch gegen eine solche Beschwörung von Kindheit jedoch nur finden, wenn man von der Psychoanalyse, die bekanntlich Gegenteiliges über das Aufwachsen lehrt, nichts weiß. Edelmans Ausführungen profitierten davon, dass in den Geistes- und Sozialwissenschaften kaum mehr jemand systematisch in Trieblehre oder Objektbeziehungstheorie unterrichtet und Psychoanalyse vor allem als Theorieprojekt nach Jaques Lacan vermittelt wird, um mit dessen Vokabular beispielsweise Filme zu »lesen« – wie es auch in »No Future« geschieht; das Buchcover ziert eine Aufnahme verstörter Kinder aus Alfred Hitchcocks Horrorfilm »Die Vögel«.

Man möchte »Heureka!« ausrufen. Endlich schnallt es in diesem akademischen Paralleluniversum, das hinter glitzernden betonideologischen Mauern verweilt, an denen das einzig lesbare Graffito »Queers for Palestine« lautet, also doch noch mal jemand! Doch schon der Klappentext korrigiert die Vorfreude.

Noch kein Abonnement?

Um diesen Inhalt zu lesen, wird ein Online-Abo benötigt::