Waffenstillstand zwischen der Regierung und der Unita

No Justice, But Peace

Nach dem Tod ihres Führers Jonas Savimbi hat die militärisch geschwächte Unita mit der angolanischen Regierung einen Waffenstillstand vereinbart.
Von

General Geraldo Abreu Kamorteiro, der Stabschef der Unita, schien eher resigniert als enthusiastisch. »Der Frieden hat einen Preis«, erklärte er bei der Unterzeichnung des Waffenstillstandsvertrages mit der MPLA-Regierung am vergangenen Donnerstag, »aber es ist ein geringerer Preis als der Preis des Krieges.« Zweifel am Erfolg des insgesamt vierten Friedensabkommens versuchte Kamorteiro zu zerstreuen. Die Anwesenheit der höchsten Unita-Kommandeure bei der Zeremonie in der von der Regierungsarmee kontrollierten Hauptstadt Luanda beweise »eindeutig die Entschlossenheit der Unita zur völligen und endgültigen Demilitarisierung«.

Nach mehr als 40 Jahren Krieg scheint Angola eine reale Chance auf Frieden zu haben. Vertreter der Unita-Guerilla einigten sich nach dem Tod ihres Führers Jonas Savimbi mit der angolanischen Regierung Anfang März auf einen Waffenstillstand und erklärten den Bürgerkrieg für beendet. Kurz zuvor hatte das Parlament eine umfassende Amnestie für alle Kriegsverbrechen abgesegnet. Die etwa 50 000 verbliebenen Unita-Kämpfer sollen demobilisiert oder in die Armee integriert werden.

Die Unita (Union für die völlige Unabhängigkeit Angolas) werde sich nun in eine zivile Partei verwandeln, um an freien Wahlen teilzunehmen, erklärte ihr Generalsekretär Paulo Lukamba, genannt »Gato«, nach einem Treffen mit seinem Kollegen von der Regierungspartei MPLA einige Tage später. Der Grund für die schnelle Eingung dürfte sein, dass die Unita militärisch schon lange entscheidend geschwächt und mit dem Tod Savimbis vom Zerfall in einzelne Fraktionen bedroht ist.

Jonas Savimbi wurde am 22. Februar bei Gefechten mit der Regierungsarmee in der entlegenen Provinz Moxico erschossen. Als die Nachricht die Hauptstadt Luanda erreichte, brach dort auf den Straßen kurzzeitig Jubel aus. Wenige Tage später wurde der Leichnam einigen Fernsehteams vorgeführt. Die Bilder des toten Savimbi wurden von Regierungen in ganz Afrika mit Erleichterung aufgenommen. »Ich denke, dass nun, wenn der stolze und unbeugsame Savimbi weg ist, die verbleibenden Mitglieder der Unita mehr Raum zur Flexibilität haben«, erklärte der mosambikanische Präsident Joaquim Chissano.

Savimbi war seit 1966 Anführer der Unita und kämpfte neben der MPLA und der dritten Guerilla FNLA gegen das portugiesische Kolonialregime. Nach der Nelkenrevolution von 1975 und der plötzlichen Unabhängigkeit des Landes ging der Krieg allerdings weiter. Die von der Sowjetunion unterstütze MPLA übernahm in Luanda die Macht, was vor allem dem Apartheidregime in Südafrika und den USA nicht behagte. Savimbi nutzte die Chance und ließ sich trotz seiner bisherigen maoistischen Rhetorik von Truppen aus Südafrika unterstützen und erhielt Waffen aus anderen kapitalistischen Staaten, während auf Seiten der MPLA die kubanische Armee eingriff.

Doch mit dem Ende der Apartheid und des Kalten Kriegs kam der Stellvertreterkrieg nicht zum Erliegen. Zwar gab es 1991 ein Friedensabkommen, doch als Savimbi die Präsidentschaftswahlen gegen Eduardo Dos Santos von der MPLA verlor, nahm er den Krieg wieder auf. Schließlich kontrollierte er die ergiebigen Diamantenminen des Landes, mit deren Erlösen er nun ein stehendes Heer aufbaute. Mitte der neunziger Jahre stand die Unita kurz vor dem Sieg über die MPLA, die nur noch wenige Städte kontrollierte.

Doch dann ging die Regierungsarmee auf Waffengroßeinkauf und nahm außerdem ausländische Söldnerfirmen unter Vertrag, denen die Ausbeutung der von der Unita kontrollierten Diamantenminen angeboten wurde. Möglich wurde dies durch die Entdeckung umfangreicher Ölvorkommen vor der angolanischen Küste, um die westliche Konzerne konkurrierten. Die MPLA-Regierung konvertierte vom Marxismus zur Sozialdemokratie und wurde von westlichen Regierungen unterstützt, während die Uno die Unita mit Sanktionen belegte.

Insbesondere die französische Regierung wurde zu einem der wichtigsten Partner der im klandestinen »Öl gegen Waffen«-Geschäft, das die französische Justiz bis heute beschäftigt. Seit 1998 geriet die Unita deshalb immer mehr unter Druck. Die Regierungsarmee konnte dank ihrer neuen militärischen Stärke nicht nur die Rebellen zurückdrängen, sondern auch in der benachbarten Demokratischen Republik Kongo und in der Republik Kongo-Brazzaville befreundete Regime installieren, die von angolanischen Soldaten beschützt werden.

Damit verlor die Unita nicht nur ihre Rückzugsgebiete, sondern auch die Vermarktungswege für ihre Diamanten. Und während sie verzweifelt ihre letzten Minen verteidigte, waren die Ölplattformen auf hoher See vor Angriffen sicher.

Der neue Ölreichtum diente der Regierung zum Aufbau eines Schattenstaates. Nach offiziellen Angaben stammen knapp 90 Prozent der staatlichen Einnahmen aus dem Ölexport. Doch wie viel Geld tatsächlich aus dieser Quelle fließt, lässt sich nur schätzen, da die westlichen Ölkonzerne entgegen internationalen Standards in Angola keine Zahlen veröffentlichen. Die Londoner NGO Global Witness vermutet, das 2001 wenigstens 1,4 Milliarden US-Dollar unterschlagen wurden.

Der Ölreichtum ermöglichte es der Regierung sogar, die Strukturanpassungsprogramme des Internationalen Währungsfonds abzulehnen. Stattdessen sollen Global Witness zufolge von September 2000 bis Oktober 2001 Kredite in Höhe von 3,5 Milliarden US-Dollar bei privaten Banken aufgenommen worden sein, was in etwa dem jährlichen Staatshaushalt entspricht.

Neben westlichen Banken und Konzernen profitiert von diesen Geschäften eine kleine Schicht um den Präsidenten Dos Santos. Für Stipendien an europäischen Schulen und Universitäten und Behandlungen in westlichen Kliniken wird ein Großteil des Bildungs- und Gesundheitsbudgets verwendet.

Der Präsident hat nun versprochen, dass alles anders werden soll. Um Kriegsschäden und mehrere Millionen Landminen zu beseitigen, die etwa vier Millionen Binnenflüchtlinge zu integrieren und die Demobilisierung von etwa 150 000 Soldaten zu finanzieren, sind ausländische Wiederaufbaugelder erforderlich. Nach einem Friedensabkommen im Jahr 1994 war dem Land noch eine Milliarde US-Dollar versprochen worden.

In der vergangenen Woche schrieb Dos Santos in einem Brief an den Papst, dass nun alle sozialen Gründe beseitigt werden sollten, jemals wieder einen bewaffneten Konflikt aufzunehmen. »Aus diesem Grund engagieren wir uns in den Initiativen der internationalen Finanzinstitutionen, die Armut unter Beteiligung der Zivilgesellschaft zu bekämpfen.« Während eines Besuchs in den USA im Februar versprach er Wirtschaftsreformen, denn »das schulden wir unseren Bürgern, und ich denke, wir werden nicht versagen«.

Walter Kantsteiner, Staatssekretär für Afrika im US-Außenministerium, erinnerte ihn in der vergangenen Woche an dieses Versprechen und forderte mehr Transparenz: »Es wird keinen ökonomischen Wandel geben, wenn man z.B. ein Viertel der staatlichen Einnahmen verliert.«