Die Welt braucht dringend mehr Queer­denk­e­r:innen

Sex Talk in der Black Lips Bar

Popkolumne. Sex Education in Wort, Bild und Ton gegen den erstarkenden Konservatismus
Die Summens Von

»Über Sex nachzudenken, ist für mich ganz natürlich, weil ich alles, was ich über Sex weiß, von meiner Mutter gelernt habe.« Wer sich da vor seinen neuen Mitschüler:innen auf dem College so verhaspelt, ist der selbsternannte Sextherapeut Otis aus der großartigen britischen Comedy-Serie »Sex Education«, deren vierte und letzte Staffel endlich gestartet ist. Nicht nur Teenager können hin und wieder ein bisschen Nachhilfe in Sachen Sex und Empowerment gebrauchen. Und wer würde sich nicht gern von »Akte X«-Star Gillian Anderson beraten lassen, die Otis’ Mutter, eine studierte Sextherapeutin, hinreißend verkörpert?

Impotenz, Coming-out, Fern­beziehung sind nur ein paar der Themen, die die Serie aufgreift und auch zu Ende bringt. Schließlich sind viele der Schauspieler:innen, die diese liebenswerten Charaktere verkörpern, mittlerweile schon um die 30.

Sex Education

Bild:
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Anohni Hegarty ist 1971 geboren und hat diesen Sommer ein tolles queeres Soul-Album veröffentlicht. Bereits im Frühjahr erschien ein von Anohni zusammengestellter Sampler der Songs der legendären »Black Lips Bar«, die im Pyramid Club in New York zwischen 1992 und 1995 mitten in der Aids-Krise ein Zufluchtsort für Drags, Hardcore Kids, Gothics und Gays war. Anohni hat diese »Performance Cult«-Reihe damals mitorganisiert und -inszeniert. »Androgyns and Deviants – Industrial Romance for Bruised and Battered Angels«, heißt der Sampler, der von Glam Rock über Noise bis Disco alles aufbietet, was als Soundtrack für Sex Education taugt.

In der homofeindlichen Thatcher-Ära spielt das Historiendrama »Blue Jean«: 1988, das Gesetz »Section 28« gegen die »Förderung von Homosexualität« in Schulen steht kurz vor der Verabschiedung. Jean, eine lesbische Lehrerin, sieht sich gezwungen, ihre Sexualität vor den Kolleg:innen zu verheimlichen.

Und da das Fest der unbefleckten Empfängnis immer näher rückt: Für knapp 70 Murmeln gibt es einen fast 500 Seiten starken Bildband zum Sampler zu erwerben – für den Anschauungsunterricht daheim.

In der homofeindlichen Thatcher-Ära spielt das Historiendrama »Blue Jean«: 1988, das Gesetz »Section 28« gegen die »Förderung von Homosexualität« in Schulen steht kurz vor der Verabschiedung. Jean, eine lesbische Lehrerin, sieht sich gezwungen, ihre Sexualität vor den Kolleg:innen zu verheimlichen. Eindrucksvolles und leider hochaktuelles Kinofilm-Debüt von Regisseurin Georgia Oakley, wenn man sich den wieder erstarkenden Konservatismus in Europa anschaut. Dabei braucht die Welt dringend mehr Queer­denk­e­r:innen.