Russland und der Iran verabschieden sich vom Zahlungssystem Swift

Die Allianz der Sanktionierten

Der Iran und Russland haben sich partiell aus dem Zahlungssystem Swift verabschiedet.

So sieht Deglobalisierung in der Praxis aus: Der Iran und Russland sind nach einer längeren Koordinationsphase Anfang Januar darin übereingekommen, auf das Zahlungssystem Swift beim bilateralen Zahlungsverkehr zu verzichten und zu direkten Banküberweisungen überzugehen. Die Verflechtung des russischen und des iranischen Bankensystems wurde bereits Anfang 2023 eingeleitet. Die Transaktionen werden nun nicht in US-Dollar, sondern in den Währungen der beiden Länder abgewickelt, die westlichen Sanktionen ausgesetzt sind.

Beide Staaten sind Mitglieder der Schwellenländerallianz Brics (der Iran erst seit diesem Jahr), die sich unter anderem zum Ziel gesetzt hat, gegen die Dominanz des US-Dollar als Weltleitwährung vorzugehen. Doch wird vorerst nur der bilaterale Handel zwischen dem Iran und Russland in den Landeswährungen jenseits des Swift-Systems organisiert, während der Warenaustausch mit den anderen Brics-Ländern weiterhin durch das westliche Zahlungssystem abgewickelt werden wird.

China bemüht sich seit Längerem, mit dem Cross-Border Interbank Payments System (Cips) ein konkurrierendes globales Zahlungssystem aufzubauen, doch ist dieses mit nur 1.484 Teilnehmern unterentwickelt und überdies weiterhin auf Swift angewiesen: Circa 80 Prozent der Cips-Nachrichtenübertragungen werden weiterhin über Swift abgewickelt.

Der partielle Rückzug des Iran und Russlands ist den westlichen Sanktionen geschuldet, bei denen die Weltleitwährung und das Zahlungssystem als Sanktionsmittel eingesetzt werden.

Der partielle Rückzug des Iran und Russlands aus der durch Dollar und Swift dominierten Finanzordnung ist den westlichen Sanktionen geschuldet, bei denen die Weltleitwährung und das Zahlungssystem als Sanktionsmittel eingesetzt werden. Nach dem Scheitern des Atomabkommens mit dem Iran wurden zahlreiche iranische Banken 2018 aus dem Swift-Netzwerk ausgeschlossen. Etlichen Finanzhäusern Russlands passierte dasselbe Ende Februar 2022 in Reaktion auf den russischen Überfall auf die Ukraine. Hinzu kommt das Einfrieren russischer Vermögenswerte im Ausland nach Beginn der Invasion, was der russische Außenminister Sergej Lawrow als »Diebstahl« bezeichnete.

Somit tendiert der zunehmende Einsatz des US-Dollar als »Sanktionswaffe« zugleich dazu, dessen hege­moniale Stellung im Weltfinanzsystem zu unterminieren. Die Sanktionen, die – im Fall Russlands – bis zum indirekten militärischen Konflikt im Ukraine-Krieg mit den westlichen Staaten reichen, festigen die Achse Teheran–Moskau.

Diese, wenn man so will, Allianz der sanktionierten Länder hat bereits ökonomische Fakten geschaffen. Schon Mitte 2023 meldeten iranische Nachrichtenagenturen, die iranischen Exporte in die Russische Föderation hätten binnen eines Jahres um 30 Prozent zugenommen. Ende 2023 hat die russisch dominierte Eurasische Wirtschaftsunion, zu der auch Armenien, Belarus, Kirgisien und Kasachstan gehören, überdies ein Freihandelsabkommen mit dem Iran unterzeichnet. Damit ­sollen nahezu 90 Prozent der Zölle zwischen den Handelspartnern wegfallen, was russischen Unternehmen jährliche Einsparungen von umgerechnet 294 Millionen Dollar einbringen solle, so der russische Wirtschaftsminister Maksim Reschetnikow anlässlich der Verabschiedung des Abkommens.

Bislang konzentrierte sich die wirtschaftliche Kooperation zwischen dem Iran und Russland auf den militärisch-industriellen Komplex. Die militärische Kooperation zwischen beiden Staaten besteht schon länger, der Iran konnte bereits 2016 das avancierte russische Raketenabwehrsystem S-300 erwerben. Nach Russlands Invasion der Ukraine lieferte der Iran die berüchtigten Kamikaze-Drohnen vom Typ Shahed, die Russlands Armee für Terrorangriffe auf die ukrainische Infrastruktur tief im Hinterland verwendet. Inzwischen baut die russische Militärindustrie diese Drohnen selbst nach.

Die Intensivierung der ökonomischen und militärischen Kooperation führt zum Ausbau einer neuen eurasischen Handelsroute zwischen den beiden »Sanktionsländern«. Der Warenfluss soll auf einer Route erfolgen, die vor westlicher Einmischung sicher ist und in deren Ausbau der Iran und Russland Milliarden investieren.

Russland hat wiederum im November die Lieferung von modernen Kampfflugzeugen vom Typ Su-35 sowie von Mi-28-Kampfhubschraubern an den Iran zugesagt. Hinzu kommen Yak-130-Übungsflugzeuge. Im Gespräch ist überdies ein weiterer umfassenderer Waffenhandel, bei dem Russland ballistische Kurzstreckenraketen aus dem Iran erwerben würde, um damit die das ukrainische Hinterland noch heftiger angreifen zu können.

Russland ist zudem zu einem der wichtigsten Weizenlieferanten des Iran aufgestiegen. Im Kriegsjahr 2022 gingen 13 Prozent aller russischen Getreide­exporte in den Iran, der als drittwichtigstes Zielland eine starke Abhängigkeit von den russischen Grundnahrungsmittellieferungen entwickelte: 2022 kamen 72 Prozent aller iranischen Weizenimporte aus der Russischen Föderation.

Die Intensivierung der ökonomischen und militärischen Kooperation führt zum Ausbau einer neuen eurasischen Handelsroute zwischen den beiden »Sanktionsländern«. Der Warenfluss soll auf einer Route erfolgen, die vor westlicher Einmischung sicher ist und in deren Ausbau der Iran und Russland Milliarden investieren. Das Kaspische Meer dient dabei als der primäre Transportkorridor, der den Nordiran mit Südrussland verbindet, wo wiederum die Wolga als billiger Transportweg dient. Geplant wird überdies ein Kanal, der Wolgograd mit dem Asowschen Meer verbinden soll.

Das strategische Ziel ist die Etablierung von Lieferketten, die die westlichen Staaten nicht mehr durch Sanktionen tangieren können. Eine Reihe ­bilateraler wirtschaftlicher Kooperationsabkommen bei Entwicklung und Fertigung von Automobilteilen, Kunststoffen, Turbinen und medizinischen Geräten soll dies ermöglichen.