Die spanischen Rechtsextremen bestreiten den Wahlkampf mit Antifeminismus

Große Pläne der Antifeministen

Die rechtsextreme Vox kündigt in ihrem Wahlprogramm an, das Recht auf Abtreibung, Gesetze zur Gewalt gegen Frauen und das Gleich­stel­lungs­ministerium abzuschaffen. Die antifeministische Wahloffensive trifft in Spanien eine gespaltene feministische Bewegung.

»Ich werde nicht mit Vox regieren«, versicherte die Kandidatin des konservativen Partido Popular (PP) in der autonomen Region Extremadura, María Guardiola, noch am 20. Juni. »Ich kann nicht jenen in die Regierung verhelfen, die machistische Gewalt leugnen.« Zehn Tage später steht hingegen fest: Die Extremadura ist die dritte Region, in der Vox und PP in einer Koalition regieren. Vox will das Gesetz gegen häusliche Gewalt, das diese als spezifisch gegen Frauen gerichtetes Phänomen erkennt und bestraft, abschaffen. »Gewalt ist Gewalt«, bekräftigte der Vox-Vorsitzende in Extremadura, Ángel Pelayo Gordillo, am Freitag vergangener Woche im Regionalparlament die Position seiner Partei gegen die Anerkennung von geschlechtsspezifischer Gewalt. »Geschlechtsspezifische Gewalt existiert nicht«, sagt sein Parteikollege José María Llanos, der Vox-Vorsitzende in Valencia.

Zu der eher populistischen Symbolpolitik von Vox in den Regionen, in denen die Partei nun mitregiert, ob über Duldungsabkommen oder in Koalition mit dem PP, gehört das Verbot von Regenbogenflaggen an öffentlichen Gebäuden. So wehte das erste Mal seit 2015 keine Regenbogenflagge am Regionalparlament von Valencia während der »Pride« am letzten Juni-Wochenende. Auch die Umwandlung der in Spanien etablierten Schweigeminuten für Femizidopfer in Gedenkveranstaltungen für Opfer innerfamiliärer Gewalt unabhängig des Geschlechts, wie in Burgos und anderswo, fallen wohl noch in diese Kategorie.

Bei einem Blick in das Wahlprogramm von Vox wird es jedoch schon ernster. Die Rechtsextremen kündigen an, das Gesetz zur geschlechtsspezifischen Gewalt, das sie als Diskriminierung von Männern kritisieren, abzuschaffen. Seit 2004 erfasst das spanische Strafrecht Gewalt gegen Frauen und bestraft diese gesondert. Spanien gilt in dieser Hinsicht weltweit als Vorreiter im Kampf gegen Gewalt gegen Frauen.

»Geschlechtsspezifische Gewalt existiert nicht«, meint José María Llanos, Vorsitzender der Partei Vox in Valencia.

In der autonomen Region Valencia wurde die behördliche Definition von häuslicher Gewalt bereits entsprechend der Vorgabe von Vox in »innerfamiliäre Gewalt« umgewandelt. Dort wurde mit den Stimmen des PP die Vox-Politikerin und Abtreibungsgegnerin Llanos Massó zur Vorsitzenden des Regionalparlaments gewählt. Den Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen will Vox ebenfalls stark einschränken.

Erst im Februar hatte das spanische Parlament eine Gesetzesänderung verabschiedet, die das Alter für Schwangerschaftsabbrüche auf 16 Jahren herabsetzte und weder eine Zustimmung der Eltern bei Minderjährigen noch die bisher geltende dreitägige »Bedenkzeit« zur Bedingung hat. Das Gesetz garantiert außerdem den Zugang zu Abtreibungen in öffentlichen Gesundheitszentren, auch die »Pille danach« ist kostenlos erhältlich. In der autonomen Region Kastilien und León, wo Vox bereits gemeinsam mit dem PP regiert, hatten beide Parteien bereits den Versuch unternommen, auf Ärzte Einfluss zu nehmen, und ihnen ein »Protokoll« nahe­gelegt, das unter anderem empfahl, Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch wünschen, den Herzschlag des Fötus vorzuspielen.

Im Falle einer Regierungsbeteiligung plant Vox, das Gleichstellungsministe­rium in ein Familienministerium umzuwandeln. In sieben Stadtverwaltungen haben Vox und PP bereits die Gleichstellungsbeiräte abgeschafft. Die Partei kündigte außerdem an, die Finanzierung für NGOs und Hilfsorganisationen zu streichen, die sie für »ideologisch« halten.

Die traditionell starke feministische Bewegung in Spanien treffen die Erfolge von Vox in uneinigem Zustand. Am 8. März, dem Frauenkampftag, liefen das erste Mal zwei voneinander getrennte Demonstrationen. Anfang des Jahres wurde unter Gleichstellungsministerin Irene Montero (Podemos) das »Trans-Gesetz« verabschiedet. Es sieht die Änderung des Geschlechtseintrags ohne medizinisches oder psychologisches Gutachten ab 16 Jahren vor. Wie in Deutschland kritisieren auch in Spanien linke Feministinnen das Gesetz. Sie befürchten durch die Liberalisierung eine Preisgabe von Schutzräumen und Gleichstellungsrechten für ­Frauen.

Schon das von Montero verantwortete Gesetz »Nur ja heißt ja«, das die Unterscheidung zwischen den Tatbeständen sexueller Missbrauch und Vergewaltigung abschaffte, schuf Probleme. Die Intention des Gesetzes war, jedwede nichtkonsensuale sexuelle Handlung unter Strafe zu stellen. Es war jedoch so schlecht ausgearbeitet, dass es vor allem zu frühzeitigen Haftentlassungen von Sexualstraftätern führte, die auf Basis der alten Gesetzgebung verurteilt worden waren.

Die Regierung unter dem Sozialdemokraten Pedro Sánchez (PSOE) musste eine Anpassung des Gesetzes gegen die Stimmen von Podemos und mit der Unterstützung durch den PP durchsetzen. Das liefert wiederum Vox eine breite Angriffsfläche.