Chatbots, KI-Bildgeneratoren und Co.

Wie Künstliche Intelligenz Alltag, Kultur und Gesellschaft verändert

Die Zukunft hat begonnen. Während im Feuilleton noch darüber gestritten wird, ob KI-Systeme die Rettung der Welt einleiten oder die Menschheit vernichten, tanzen Lagerarbeiter:innen nicht nur bei Amazon längst nach ihrer Pfeife. Nicht erst in der zukünftigen Anwendung der Künstlichen Intelligenz, sondern schon in der Entwicklung verschärfen sich Ausbeutung, soziale Ungleichheit und ­Prekarisierung.
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Die Geschichte der Automatisierung ist die Geschichte der Vernichtung von Arbeitsplätzen und die der Neuschaffung von anderen Arbeitsplätzen. Die alten Arbeitsplätze waren schmutzig, gefährlich und langweilig; die neuen Arbeitsplätze sind sauber, sicher und kreativ. So weit die Erzählung.

Die Praxis ist weniger erfreulich, denn zwischen den alten und den neuen Arbeitsplätzen gibt es nicht nur physische und psychische Differenzen, sondern auch soziale. Die Menschen, die ihre Arbeitsplätze verlieren oder die ihre Arbeitskraft aus Gründen der Konkurrenz mit der Maschine billiger verkaufen müssen, sind ja nicht unbedingt dieselben, die die neuen Arbeitsplätze besetzen. Jede Umschichtung in der Arbeitswelt hat auch soziale Folgen, löst individuelle und kollektive Krisen aus, erzeugt neue Frontlinien des Klassenkampfes. Und jede Form der Automatisierung bedeutet eine Zunahme der Kontrolle. Dieser Aspekt ist beim Einsatz von KI so zentral, dass er am meisten soziales und mediales Appeasement erfordert.

Nur ein Beispiel: Der Mineralwasserhersteller Aqua Römer setzt im Lager seit 2021 den »Robo-Boss« namens Mary ein, der den menschlichen Arbeitskräften ihre Aufgaben zuweist: Kisten mit leeren Flaschen von dort nach hier, Palette mit vollen Flaschen hier abladen und dort verteilen. Menschen tun, was die Maschine für das Effizienteste hält – die im Übrigen zugleich Daten über die Arbeitsgeschwindigkeit und reibungslose Übergaben sammelt. Weil damit auch eine »Verhaltensanalyse« der einzelnen Mitarbeiter:innen »möglich« wäre, wurde dies laut Betriebsvereinbarung untersagt. Was mag Mary mit den gesammelten Daten sonst machen? Die besagten Mit­arbeiter:innen müssen sowohl der Maschine als auch ihrem Arbeitgeber ziemlich blind vertrauen.

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